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Willenlos

  • Anna-Lena
  • 29. Apr. 2018
  • 5 Min. Lesezeit

Eine ganz normale Samstagnacht.

Der Himmel ist dunkel. Der helle Mond: Ein greller Kontrast.

Zigarettengeruch steigt mir in die Nase.

Laut dringen die Bässe an mein Ohr.

Aufgesetztes Lachen von allen Seiten.

Um mich herum sind überall Menschen.

Sie tanzen, schwingen die Hüften - mehr oder weniger - zum Takt.

Langsam sehe ich mich um, nippe an meinem alkoholfreien Getränk und lasse das Bild auf mich wirken.

Dass ich nicht hierhin gehöre ist offensichtlich. Zu wenig gestylt. Zu wenig Make-Up um mir einen netten Typen für die Nacht zu suchen. Mein Tanzstil nicht aufreizend genug.

Ein leichtes Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, als eine Gruppe Mädchen an mir vorbeiläuft und mir irritierte Blicke zu wirft.

Sie wissen nicht, ob ich Freund oder Feind bin.

Und genau das gefällt mir.

Ich habe die Aufmerksamkeit, die ich will. Wenn all die Menschen wüssten, dass ich sie in Schubladen stecken werde, denke ich und mein Grinsen wird breiter.

Ein paar dieser Schubladen möchte ich jedoch heute öffnen und euch an meinen Gedanken teilhaben lassen. Vielleicht erkennt der ein oder andere sich wieder.

Gerne bin ich jederzeit für Diskussionen offen, also von daher meldet euch gerne.

Da wären die Drama Queens:

Eine junge Frau, die in der Ecke steht und bitterlich weint. Der Freund hat wohl zu intensiv mit einer Anderen getanzt, wenn man den flüsternden Stimmen der Freundinnen glaubt.

Jungs! Redet über Grenzen, bevor ihr sie überschreitet.

Der Fremdgeher:

Um an der Szene, welche ich wenige Zeilen zuvor beschrieben habe, anzuknüpfen, stellt euch einen attraktiven Jungen vor. Breites Zahnpastalächeln, dunkle vielversprechende Augen, trainierter Körper. Beruhigend nimmt er seine Freundin in den Arm. Wiegt sie hin und her, entschuldigt sich. Was keiner außer mir gesehen hat: Er hat dem Mädchen, mit dem er zuvor die Zunge getanzt hat, die Zunge ziemlich tief in den Hals gesteckt.

Lautes Gekreische zieht meine Aufmerksamkeit in die andere Richtung der Außenfläche.

Eine Gruppe Frauen johlt und schwankt eine Flasche mit heller Flüssigkeit umher. Pinke Haarreifen auf dem Kopf, während eine von ihnen einen weißen Schleier in trägt.

Für eine Braut gewährt sie viel zu tiefe Einblicke und ihr Rock ist viel zu kurz.

Die besoffene Braut. Klassiker.

"Hast du mal Feuer?", werde ich von Seite angequatscht. Ein charmantes Lächeln begegnet mir.

"Hm..." Ich überlege, obwohl ich weiß, dass ich kein Feuerzeug habe. Suchend taste ich meine Hosentaschen ab. "Sorry, hab ich wohl verlegt."

Er lacht. "Macht nix, dann nehm ich doch meins." Mit einer schnellen Bewegung zündet er sich seine vierte Kippe in Folge an.

Ja, ich habe mitgezählt.

Der Kettenraucher.

Am Anfang des Abends stehe ich mit einer ziemlich guten Freundin draußen und unterhalte mich über die Typen hier im Willenlos.

Wir beobachten einen jungen Mann, der aus dem Inneren des Clubs kommt und direkt auf uns zu steuert. Unauffällig tauschen wir einen Blick aus.

Flirtalarm.

Bevor wir irgendetwas sagen können, stellt er sich dazu und fängt an zu reden.

Er geht nicht feiern. Nie! Das ist das zweite Mal in seinem Leben, dass er überhaupt in eine Disco geht. Außerdem ist München ihm viel zu groß und die Leute erst... Ein typisches Dorfkind eben.

Das ganze hat er uns die ganze Nacht, immer und immer wieder erzählt. Aber seine strahlend blauen Augen, machten es wieder wett.

Grelle Blitze blenden mich und ich mich muss mich von dem unschuldigen, attraktiven Mann abwenden. Bevor ich mich vom ersten Lichtschock wieder erholt habe, folgt der zweite und ich kneife genervt die Augen zusammen. "Komm eins geht noch. Da schau ich so scheiße." Die Brünette wirft ihre Haare zurück und richtet ihr Handy wieder neu auf sich und ihre Freundin.

Sie halten die Gläser in die Höhe und zeitgleich erscheint erneut ein Blitz.

Die Snapchat-Selfie-Girls.

Meine Begleiterin stupst mich in die Seite und deutet danach unauffällig zu einer anderen Gruppe.

Das erste, das mir auffällt ist der grelle Lidschatten, der überhaupt nicht zum Oberteil passt.

Die falschen Wimpern winken uns förmlich zu und mich wundert es, dass sie unter so viel Make-Up überhaupt noch atmen kann.

Unser, inzwischen akzeptierter, Freund vom Dorf zieht die Augenbrauen hoch, als er unserem Blick folgt.

"Eine Tonne Make-Up." Er schüttelt den Kopf und nippt an seinem Drink. Auch wenn er nicht mehr ganz nüchtern ist, muss ich gestehen, dass seine Beschreibung den Nagel auf den Kopf trifft.

Ein paar Stunden später, stehe ich an der Bar und bestelle mir mein nächstes RedBull.

Neben mir lehnt sich ein junger Mann ebenfalls an den Tresen.

"Kein Alkohol?", fragt er von der Seite.

"Für mich nicht.", erwidere ich und lasse meinen Schlüssel spielerisch um die Finger kreisen.

Er bestellt sich ebenfalls einen Energydrink und überwindet die letzten Zentimeter bis zu mir.

Dann fasst er sich in die Hosentasche und zieht ebenfalls einen Schlüssel hervor. Seiner sieht nicht ganz so runtergekommen und benutzt aus wie meiner.

"Sehr gut." Er hält mir seine Dose entgegen. "Auf die Fahrer."

"Auf die Fahrer.", stimme ich zu.

"Du wirst übrigens von hinten abgescannt.", meint er irgendwann und reißt uns somit aus der Diskussion über unsere heißgeliebten Autos. Ein interessantes Thema fürs Willenlos. Nicht unbedingt Typisch.

Unauffällig werfe ich einen Blick nach hinten und sehe drei Jungs an einem der klebrigen Stehtische. Einer von ihnen, nickt mir zu und grinst breit.

Ich verdrehe die Augen und drehe mich wieder nach vorne.

"Einer breiter als der andere. Da weiß man vor lauter Muskeln gar nicht wo man hinschauen soll." Spielerisch rolle ich mit den Augen und mein Gegenüber lacht.

"Muskeln sind da aber nur über der Gürtellinie.", erwidert er und ich gebe ihm lachend Recht.

Tja die Pumpernickel findet man wohl in jedem Club. Der Name Pumpernickel kommt von Pumpen natürlich, und dem IQ eines Karnickels. Bei soviel Sport muss ein Teil des Körpers ja leiden. Und im Normalfall muss das Hirn dran glauben.

Umso später die Nacht, umso höher der Alkoholpegel und so dauert es nicht lange und die erste Alkoholleiche liegt in der Ecke und man muss einen großen Schritt darüber machen. Ich glaube mehr muss ich zu diesem Typ Mensch gar nicht sagen.

Das soll nur mal ein kurzer Einblick sein. Ich sage nicht, dass alle, der hier beschriebenen Personen tatsächlich so sind. Aber ich glaube in jedem von uns steckt ein Teil davon.

Ebenfalls denke ich, dass jeder andere Gründe hat Feiern zu gehen und so viel zu trinken, bis man nicht mehr gerade gehen kann.

Für manche ist es vielleicht eine Ausflucht aus dem Alltag. Oder eine Möglichkeit die Sorgen zu vergessen.

ich für meinen Teil habe mich gut amüsiert in den Nächten im Willenlos.

Und ich kann sagen, man wird mich mit Sicherheit dort auch wieder antreffen.

In welchem Zustand jedoch, bleibt eine andere Frage.

An dieser Stelle ein großes Danke, an M, die mir viele Ideen und Titel für diesen Eintrag geliefert hat und mit der eine dieser Nächte ziemlich viel Spaß gemacht hat ;-)

Und danke auch an S (Auch wenn du das hier wahrscheinlich niemals lesen wirst), der mir ebenfalls den ein oder anderen Gedanken zu diesem Artikel geliefert hat.


 
 
 

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